Was sich mit Siegfried weiter begab
Nun hatte man bei Gibich gut Botenbrot bekommen,
Dass seine schöne Tochter so bald ihm sollte kommen,
Und wie sie wär erlöset von dem Wurm und von dem Stein.
Gibich ließ bald entbieten seine Mannen insgemein.
Sie ritten all entgegen Siegfried dem Degen wert,
Kein Kaiser auf der Erden ward jemals so geehrt.
Der König schickte Boten in alle Reich und Land,
Den Königen und Fürsten macht‘ er die Mär bekannt,
Damit sie alle kämen gen Worms ihm an den Rhein
Auf seiner Tochter Hochzeit. Fünfzehn Fürsten ritten ein:
Die wurden wohl empfangen, wie man denn Fürsten soll.
Da hub sich große Freude; das Land war der Herren voll.
Nun währte diese Hochzeit wohl mehr denn vierzehn Tag,
Dass man turniert‘ und rannte und Ritterspiele pflag.
Man hielt sechzehn Turniere, bevor man ritt hindann,
Man schenkte Futter und Kleider so dem Ross als dem Mann.
Siegfried gab solch Geleite und saß so zu Gericht,
Hätt einer Gold getragen, sich fürchten durft er nicht.
Mit großer Stärke hatt er jedwedes Ding bestellt.
„Der Teufel weiß,“ sprach Gunther, „dass man so wert ihn hält
Vor andern kühnen Helden, denen das wohl Schande brächt,
Die doch so gut von Adel als er ist von Geschlecht.
Er trägt auch alle Tage hier Helm und Panzerring:
Damit hält er die Helden in diesem Land gering.“
Da sprach der grimme Hagen: „Er ist der Schwager mein;
Will er das Land regieren hier oben an dem Rhein,
So mag er gründlich schauen, dass er nichts übersieht,
Denn ich wär stets der erste, der ihm das widerriet.“
Da sprach Gernot der Degen: „Mein Schwager Siegfried,
Von meiner Hand wohl gäb ich das allerbeste Glied,
Dass hier mein Vater Gibich nur hätte meinen Mut,
So tät ihm sicher Siegfried hier in die Läng kein Gut.“
Als die drei jungen Könige Siegfrieden trugen Groll,
Da brachtens seine Schwäger zuletzt zu Stande wohl,
Dass Siegfried ward erschlagen. An einem Brunnen kalt
Erstach der grimme Hagen ihn in dem Odenwald.
Zwischen seinen Schultern und wo er fleischig war,
Da er mit Mund und Nase sich kühlt‘ am Brunnen klar.
Sie waren um die Wette gelaufen schnell genug:
Da ward des Hagen befohlen, dass er Siegfrieden schlug.
Von Kriemhilds dreien Brüdern – die weiter hören wollten,
Die will ich unterweisen, wo sie das finden sollen:
Sie lesen Siegfrieds Hochzeit, so finden sie Bericht
Was die acht Jahr geschehen; hier endet dies Gedicht.