Wie Alphart gebrochen ward
Stutfuchs vom Rheine war vor den Kaiser kommen;
Der falsche Sibich hatte seine Märe wohl vernommen.
Er sprach: „Wohlauf vor Berne! Lieber Herre mein:
Kommen sie zur Pforte, so wird die Stadt nimmer dein.“
Sie jagten durchs Gefilde, über die Heide breit,
Mancher kühne Ritter, viel Degen sturmbereit.
Ein großer Teil des Heeres kam auf das Feld;
Dem Kaiser aufgeschlagen ward manches reiche Gezelt.
Als Wolfhart der Kühne die Feinde dort ersah,
Aus zornigem Mute sprach der Degen da:
„Fürst der Amelungen, edler Vogt von Bern:
Groß Leid hat dich bezwungen, das helf ich dir rächen gern.“
Da sprach Eckhart der kühne: „Es dünkt mich wohlgetan,
Dass wir die Scharen zählen all in unserm Bann,
Die uns aus den Stürmen entweichen nimmerdar.“
Sie hatten elftausend, das war eine edle Schar.
Die edeln Burgmänner traten in den Saal,
Je zwei miteinander, und wieder aus zumal:
Da waren’s zwanzigtausend Degen ausersehn.
Da sprach der alte Hilbrand: „Wir mögen wohl den Feind bestehn.
Nun hab ich in Wahrheit eine gute List ersehn:
Wir lassen Bruder Nere vor der Pforte stehn
Als müssten wir entweichen, lieber Herre mein,
Vor Ermenrich dem Kaiser; er lässt uns bald wieder ein.“
„Nun ist hier kein Entweichen,“ sprach Nudung der Degen;
„Gebet mir die Fahne, ich selbst will ihrer pflegen.
Ich weiß euch wohl zu führen in des Sturmes Not:
Uns muss der Kaiser weichen, oder alle liegen wir tot.“
Da gab man Walderichen das Banner in die Hand;
Sein Geleite wurde der kühne Siegeband.
Sie führten es von Berne und steckten’s auf den Plan
Bis der allerletzte stand bei dem vordersten Mann.
Als der ungetreue Siebich das Banner dort ersah,
Er jagte vor den Kaiser; der Falsche sagte da:
„Uns will der Vogt von Berne hier mit Streit bestehen:
Bereitet euch zum Kampfe, das rat ich, Degen ausersehn.
Wittich und Heime, euch ist der Kaiser hold,
Er gibt euch gar willig sein Silber und sein Gold:
Daran sollt ihr gedenken, ihr auserwählten Degen,
Ihr sollt in seinem Dienste kühnlich wagen Leib und Leben.“
„Willst du streiten, Sibich,“ sprach Wittich der Degen,
Du und der reiche Kaiser, unser Leib und Leben
Wollten wir mit euch wagen in des Sturmes Not,
Ich und der starke Heime, oder finden hier den Tod.“
„Wohl will ich mit euch streiten,“ sprach Herr Ermenrich,
„Hier an eurer Seiten, das wisset sicherlich.“
„So bereitet euch zum Sturme und euer Heer so breit;
Den kühnen Wölfingen ist Alphartens Sterben leid.“
Da wurde Rottenmeister Reinhold von Milan;
Er sollte drum zu Lohne die selbe Stadt empfahn.
Da berief der reiche Kaiser den Degen allbereit:
Seine Sturmfahne befahl er ihm in dem Streit.
Die Scharen und Geschwader bereiteten sich schnell
Unter grünem Banner mit lauterm Golde hell;
Acht Banner, unter jedem zehntausend Mann.
Nur dreißigtausend zählte der Vogt von Bern in seinem Bann.
Da sprach von Kerlingen Walther der Degen:
„Ich will mit meinen Leuten heut der Vorhut pflegen
Herrn Dieterich zu Liebe, dem Fürsten auserkannt:
Ich tu es wohl so willig als ein Held aus deutschem Land.“
„Das verhüte Gott vom Himmel!“, sprach Wolfhart der Degen.
„Ich will des Vorstreiters heute selber pflegen.
Ich lass es keinem andern, mich zwingt dazu die Not:
Alphart mein Bruder, den muss ich rächen im Tod.“
Er sprengte bei den Worten, es stund nicht länger an,
Zu Bern aus der Pforten, Wolfhart der kühne Mann.
Ihm ritt ein Graf entgegen, von Tuskan geboren:
Von Wolfhartens Händen hatt er das Leben bald verloren.
Er stieß ihn von dem Rosse hernieder auf das Land.
Da kam ihm nachgedrungen der alte Hildebrand,
Von Kerlingen Walther und der Mönch Ilsan.
Von beiden Seiten sahen die Heere sich einander an.
Da sprach der Vogt von Berne: „Nun schauet unverwandt
Auf Wittich und Heime, die Helden auserkannt,
Ermenrich und Sibich: Würden die vier erschlagen,
So wollt ich nicht länger den jungen Alphart beklagen.“
Der edle Vogt von Berne ließ seine Tugend sehn;
Man sah auf seinem Helme Greins Karfunkel stehn.
Er suchte seine Feinde allwärts auf dem Plan,
Wittich und Heime, die ihm den Schaden getan.
Als Wittich und Heime beide das erkannt,
Die Zeichen von den Helmen brachen sie zuhand;
Auf den Rücken schwangen sie den festen Schild,
Damit sie nicht verriete das gemalte Wappenbild.
Hildebrand und Hache, die Helden kühn und gut,
Hieben aus den Ringen das fließende Blut.
Sie waren in dem Streite mit Zorn überladen:
Da tat dem reichen Kaiser an Leuten niemand größern Schaden.
Walther von Spanien und Hug von Dänemark
Denen musste wohl gelingen, es waren Helden stark.
Sie hieben aus den Helmen das fließende Blut:
Es lag vor ihren Händen darnieder mancher Ritter gut.
Da stritt gar vermessen der Mönch Ilsan:
Da sprach der reiche Kaiser: „Was hab ich dem getan?
Der ich Klosterleuten mich stets getreu erwies.
Sie singen üble Töne und fällen manchen in den Grieß.“
Da stritt Nudung der werte, der der Fahne pflag,
Mit seinem guten Schwerte tat er manchen Schlag:
Er hieb eine Straße durch die weite Schar.
Zu beiden Seiten nahmen die Scharen sein mit Schrecken wahr.
Wolfhart der sturmbereite und Meister Hildebrand,
Die standen vorn im Streite; das Leben ließ zu Pfand
Mancher junge Ritter um Alphartens Tod.
Da wurden doch gescheiden die zwei in des Sturmes Not.
Berchtram von dem Berge manchen Mann erschlug,
Und Seewart der alte schuf großen Ungefug.
Zu denen kam geritten Wolfhart der kühne Mann:
Er wähnte sie gefunden, die ihm den Schaden getan.
Da rannten diese beiden wider den kühnen Degen:
Sie dachten ihn zu scheiden vom Sieg und von dem Leben.
Da wollte nicht entweichen der kühne Wolfhart,
Ob ihm auf grüner Heide sein gutes Ross erschlagen ward.
Da stand zwischen beiden Wolfahrt der kühne Degen:
Nun wollten sie ihn scheiden vom Sieg und von dem Leben.
Ein scharfes Schwert ertönte Wolfharten an der Hand:
Das vernahm im Streite sein Ohm der alte Hildebrand.
Hildebrand der alte kam zu ihm gerannt,
Wo er Wolfharten in großen Nöten fand.
Er sprach: „Neffe Wolfhart, nimm du den einen Mann,
Und lass mir den andern: Das dünkt mich rätlich getan.“
Berchtram von dem Berge, den schlug da Hildebrand.
Ein Schwert von großer Schwere trug Wolfhart in der Hand:
Er nahms zu beiden Händen und maß einen Schlag
Auf Seewart den alten, dass er ihm ohne Schand erlag.
Hildebrand der Alte ein schönes Ross ihm fing,
Das herrenlos im Streite hin und wieder ging.
Darauf war bald gesessen Wolfhart der Held erkoren:
Wen er erlangen mochte, dem ging das Leben verloren.
Eckhart der milde, ein kühner Weigand,
Durch die grünen Schilde fällt‘ er auf das Land
Manchen starken Ritter, das will ich euch sagen:
Von Eckhartens Händen wurden tausend Mann erschlagen.
Da sah man erzürnet Roschlin das Ross genug:
Wie das vor Eckharten biss und um sich schlug!
Mit den Hinterfüßen vertriebs dreihundert Mann.
Den ungetreuen Sibich sucht‘ es, der den Rat getan.
Als der falsche Sibich Eckharten sah,
Wie schnell von seinem Helme das Zeichen brach er da!
Auf den Rücken schwang er geschwind den festen Schild,
Damit ihn nicht verriete das gemalte Wappenbild.
Wittich und Heime, die beiden Helden gut,
Hieben aus den Ringen das fließende Blut.
Sie waren in dem Streite mit Zorn überladen:
Da tat dem Vogt von Berne an Leuten niemand größern Schaden.
Von Kerlingen Walther und Hug von Dänemark,
Denen musste wohl gelingen, es waren Helden stark.
Hildebrand der alte und der Mönch Ilsan,
Die viere sah man alle den beiden Recken sich nahn.
Hug vom Dänenlande ein scharfes Waffen trug,
Womit er ohne Schande auf Wittichen schlug.
Sein fester Helm hieß Glimme, der hub zu tosen an:
Da kehrte zu dem Schalle Eckhart sich, der kühne Mann.
Nagelring die Waffe gab auch lauten Klang;
Um Wittich und Heime ward so groß der Drang,
Dass aus den lichten Helmen das wilde Feuer brach;
In Wittichs Hand schlug Mimung manchen schneidigen Schlag.
Siegstab der junge, durch zehntausend Mann
Schlug eine weite Straße der Degen wohlgetan.
Als er den Vogt von Berne von ferne streiten sah,
Aus zornigem Mute nun vernehmt, wie sprach er da:
„Edler Vogt von Berne, viel lieber Herre mein,
Ich kann sie nirgend finden, des muss ich traurig sein,
Wittich und Heime, die den Mord getan:
Kann ich es aber fügen, um ihr Leben ists getan.“
Der edle Vogt von Berne, durch zehntausend Mann
Hieb eine weite Straße der Fürst lobesam.
Wittich und Heime, die den Streit erhaben,
Ermenrich und Sibich, die vier entrannen gen Raben.
Man sagte Reinholden alsbald die Märe,
Wie Ermenrich mit Sibich entronnen wäre:
„So halt ich allzu lange! Die Fahne senkt bei Zeit!“
Nicht mehr denn dreißigtausend folgten ihm aus dem Streit.
Fünfzigtausend lagen auf dem Felde tot;
Dass die andern flohen, das tat ihnen Not.
Da verfolgten sie die Berner wohl eine Meile weit
Und kehrten dann zurücke: Da war zergangen der Streit.
Als sie nach dem Sturme zusammen waren kommen,
Der edle Vogt von Berne hätte gern vernommen
Wie viel er Leute hätte in dem Streit verloren;
Leid war um die Helden diesem Fürsten auserkoren.
Als sie das vernahmen und ihren Schaden dann
Um und um besahen, da erkannte man,
Dass zweitausend waren dem von Bern erlegen.
Die musste kläglich klagen dieser auserwählte Degen.
Da sprach Hilbrand der alte: „Lieber Herre mein,
Lasst so sehr nicht trüben der lichten Augen Schein.
Ihr wisst doch wohl selber, Degen lobesam,
Dass niemand ohne Schaden so großen Sieg noch gewann.“
Da ließ auch Ilsan blasen, der Mönch, sein Heerhorn:
Da hatt er der Seinen nicht einen Mann verlorn.
Er sammelte der Brüder elftausend Mann,
Die über lichte Ringe legten schwarze Kutten an.
Als der Vogt von Berne trat in des Kaisers Zelt,
Da fand dort hinterlassen großen Hort der Held,
Silber und Gesteine, dazu das rote Gold:
Da bot er seinen Helden den unermesslichen Sold.
Das lobte man im Lande den edeln Vogt von Bern.
Da kam ohne Schande manche Witwe zu dem Herrn
Auf die grüne Heide, hören wir noch sagen
Da hub sich von den Frauen großes Weinen und Klagen.
Da sprach der edle Dietrich: „Es soll verstattet sein
Dass man zu Lande führe die noch vielleicht gedeihn;
So möge man die Toten alle hier begraben:
Freunde wie Feinde sollen des Urlaub haben.“
Da räumten sie die Walstatt und ritten heim gen Bern.
Die minniglichen Frauen empfingen wohl die Herrn.
Sie gingen mit Frau Uten, der edeln Herzogin,
Und begrüßten ihre Männer daheim mit fröhlichem Sinn.
Köstliche Speise war da viel bereit,
Man pflag der Streitmüden fleißig nach dem Streit.
Frau Ute die reiche vor die Tische schritt,
Den edeln Helden teilte sie die Gaben reichlich mit.
Das Gut war gespendet den Helden lobesam,
Eckhart sprach: „Nun lasst uns Urlaub empfahn.“
Der edle Vogt von Berne sein lichtes Gold so rot
Wie freundlich und gerne er das den Breisachern bot!
Urlaub erbaten die Helden lobesam:
Auch Eckhart der milde Urlaub gewann.
Den gab der Vogt von Berne mit Treue gleich zuhand;
Er misst‘ ihn doch nicht gerne, noch der alte Hildebrand.
Da gab der alte Dietrich ihm freundlich das Geleit:
Er ritt mit ihm des Weges wohl eine Meile weit.
Dass er nach Breisach eilte, das war dem Degen not.
Hie hat dies Buch ein Ende und heißet Alphartens Tod.