Wie der Mönch Dietrichs Huld gewann
Als die Säumer waren bereit und aufgeladen,
Dazu die Kammerwagen, die es sollten tragen,
Da führten sie gen Berne das kräftige Gut;
Das sah Herr Dietrich gerne; er hatte herrlichen Mut.
Stutfuchs vom Rheine floh rasch zu Ermenrich;
Hilbrand mit seinen Freunden gen Bern ritt schnelliglich
Über Berg und Tale, der tugendreiche Mann:
Bei der Etschbrücke kam er am siebten Abend an.
Da sprach Hilbrand der alte: „Lieben Freunde mein,
Gott müss unser walten! Uns lässt heut niemand ein.
Die Stadt ist beschlossen,“ sprach Hilbrand der Degen,
„So will ich heute wieder mit euch der Schildwache pflegen.“
Da taten alle gerne was sie der Alte bat:
Sie legten sich bei Berne zu Felde vor die Stadt.
Da schürten ihre Feuer die Helden überall:
Alsbald zu beiden Seiten hob sich ein größlicher Schall.
„Die Schilde sollt ihr wenden nieder auf das Land:
Das tu ich zu dem Ende,“ sprach Meister Hildebrand,
„Dass niemand uns erkenne, ihr stolzen Helden gut:
So mögen wir versuchen der kühnen Wölfinge Mut.“
Da kehrten sie die Schilde nieder auf das Land.
Schildwächter wurde der alte Hildebrand.
Da rief er den Wächtern auf dem Burggraben:
„Nun mögt ihr,“ rief der Alte, „die Stadt nicht länger behaben.“
Als der lichte Morgen an den Himmel kam,
Da erhob sich mit Sorgen der Fürst lobesam,
Dietrich der Kühne, den der Kummer zwang:
Bis die Helden kamen währt‘ ihm die Weile so lang.
Als der Vogt von Berne das Volk sah auf dem Feld,
Aus trauriglichem Mute sprach der edle Held:
„Der uns erführ die Märe, ihr stolzen Helden gut,
Woher die Recken wären, der hätten löblichen Mut.“
„Wer sollte das befinden,“ sprach Wolfhart der Degen,
„Besser als ich selber?“ Er focht so verwegen
Wie ein wilder Eber, kam er in den Streit:
„Wer das vor mir erführe, dem trüg ich ewiglich Neid.“
Anlegt er sein Geschmeide, der Degen unverzagt,
Ein gutes Ross beschritt er: „Ihr Herrn, euch sei gesagt:
Ich will alleine reiten zu Berne vor die Stadt,
Mit den Helden will ich streiten.“ Keine Hilf er sich erbat.
Da ward in aller Breite die Pfort ihm aufgetan,
Hinaus sah man reiten Wolfhart den kühnen Mann.
Über die Heide grüne kam der Held gerannt:
Da begegnete dem Kühnen sein Ohm, der alte Hildebrand.
Er trug den Wolf im Schilde verkehrt in seiner Hand;
Wolfhart frug den Alten; wer ihn hätt ausgesandt? –
„Wir sind nur Vorreiter,“ sprach der kühne Mann;
„Wir sollen Herberg bauen dem Kaiser auf diesem Plan.“ –
„Die sollt ihr heut noch schauen so von meiner Hand;
Dass es dem mag grauen, der euch hat ausgesandt.“
Der Held das Ross ersprengte, er war in großem Zorn,
Indem ers kräftig rührte zu den Seiten mit dem Sporn.
Über die grüne Heide kam er heran gerannt;
Den Schild der Alte kehrte; da ward der Wolf erkannt.
„Willkommen hier vor Berne, lieber Oheim mein;
Die Hilfe seh ich gerne, die du uns bringst von dem Rhein.“
Wolfhart der Kühne kam in die Stadt gerannt:
Dem edeln Vogt von Berne macht‘ er die Mär bekannt.
Mit fünfhundert Mannen der vor die Pforte ging,
Wo er die Helden mit frohen Grüßen empfing.
Er sprach: „Sei Gott willkommen, lieber Meister mein,
Und der Herzog Nitiger, der liebe Neffe dein,
Von Kerlingen Walther und Hug der kühne Mann,
Darnach die andern Recken, die ich nicht alle nennen kann.“
Er sprach: „Sei Gott willkommen, Eckhart, werter Mann,
Du hegst im Herzen Treue, siehst meine Nöte an.
Was ich des Kaisers willen dir je getan zu Leid,
Das will ich dir vergüten all meine übrige Zeit.“
Da lag noch verborgen der Mönch Ilsan:
Er lag in großen Sorgen bis man ihm Huld gewann,
Mit seinen Klostermannen, elfhundert wohlgetan,
Die über lichte Ringe legten schwarze Kutten an.
Da fragte wer sie wären der Degen unverzagt.
Da sprach der alte Hildebrand: „Deine Huld ist ihm versagt.
Er ist es, mein Bruder, der Mönch Ilsan:
Vergib ihm sein Verschulden um Gott, so tust du wohl daran.“
„Ich bedarf nicht seiner Hilfe,“ sprach Herr Dieterich,
„ich will ihm immer Feind sein, das wisse sicherlich.
Er schlug mir vor Garten den lieben Oheim mein:
Frieden und Sühne soll ihm stets verweigert sein.“
„So dienten wir euch übel,“ sprach da Eckhart.
Da sagten sie ihm Märe, wie er auf der Fahrt
Mit Stutfuchsens Mannen vom Rheine kühn gestritten,
Und wie er auf der Straße so große Not hätt erlitten.
„Des lass ich ihn genießen,“ sprach Herr Dieterich:
„Einen steten Frieden, das wisset sicherlich,
Geb ich von Breisach gerne ihm wieder an den Rhein,“
So sprach der Held von Berne: „Des sollt ihr gewährt mir sein.“
„Wohlauf denn all geschwinde,“ sprach Eckhart der Degen:
„Dies Geleite wollen wir ihm selber geben!“
Sie wollten all von dannen; da ergriff sie bei der Hand,
„Nun wartet eine Weile!“, sprach der alte Hildebrand.
Da baten ihn und flehten die von Breisach sehr.
Als der Vogt von Berne das sah, der Degen hehr:
„So vergeb ich sein Verschulden dem Mönch Ilsan,
Er kommt durch euch zu Hulden: Das wisse Freund und Untertan.“
Da empfing ihn gerne der Fürst lobesam,
Der edle Vogt von Berne und die in seinem Bann.
Wolfhart und Siegstab, die Degen ausersehn,
Zu Alpharts Grabe sah man die zwei mit Ilsanen gehn.
Da klagten sie so kläglich den kindischen Degen,
Alphart den jungen, dass er so früh erlegen.
Er sprach: „Nun lasst das Weinen, Mann oder Weib:
Denkt, wie man uns vergelte Alphartens blühenden Leib.“
Eckhart sprach der Treue: „Es dünkt mich wohlgetan,
Dass Rossen man und Leuten, die jetzt so viel getan,
Bis an den sechsten Morgen gönnt der Ruh zu pflegen:
So mögen wir zu Felde die Feinde wieder niederlegen.“