Wie Eckhart Dietrichen zu Hilfe ritt, und wie sie Stutfuchs bestanden
Da ritten sie gen Breisach wunderbar geschwind.
Sie gingen miteinander, Hilbrand und Nitiger:
Da wurden wohl empfangen diese edeln Recken hehr.
Von Kerlingen Walther ihnen entgegen ging,
Da man die edeln Recken freudenvoll empfing;
Hug vom Dänenlande, der auserwählte Degen,
Fünfhundert Burgmänner gingen den Gästen entgegen.
Eckhart ließ ihnen bringen von Samt ein reiches Kleid;
Auch war den Reisemüden alsbald ein Bad bereit:
Darein hieß er sie führen. Nitger und Hildebrand,
Von schönen Frauen wurden die Helden wieder erkannt.
Eckart ließ ihnen bringen ein begossen Brot
Und einen Kopf mit Weine: Das tat den Helden Not.
Das schuf der Wirt des Hauses, Eckhart der kühne Degen:
Er ließ die Sturmmüden beide minniglich verpflegen.
So hielt man sie in Ehren bis an die Mittagsstund:
Da ging es zu den Tischen. Noch war es niemand kund
Zu Breisach in der Veste: Sie hätten gern vernommen,
Auf welches Abenteuer Hilbrand wär an den Rhein gekommen.
Sie waren nun gesessen, der alte Hildebrand,
Getrunken und gegessen, begann und sprach zuhand:
„Euch entbietet der von Berne, der Fürst lobesam,
Euch Recken allen vieren, dass ihr gedächtet daran,
Wie der Vogt von Berne seit seinen jungen Tagen
Zucht vor allen Recken pflag an sich zu tragen:
Er utt niemanden Leides, der edle Dieterich.
Dass ihn nun vertreiben will der Kaiser Ermenrich
Ohne sein Verschulden, das lässt er euch klagen.
Alphart der junge ist ihm zu Tod erschlagen.
Daran sollt ihr gedenken, an seine große Not,
Und sollt ihm helfen rächen des jungen Alphartes Tod.“
„So wohl mir dieser Märe!“, sprach da Eckhart,
„Dass euch der von Berne schickt auf diese Fahrt,
Der mich vertreiben wollte für den Kaiser Ermenrich:
Nun lässt mich gern verbleiben von Bern der edle Dieterich.“
So sprach der Wirt des Hauses, Eckhart der Degen:
„Ich will für den von Berne wagen Leib und Leben.
Ich bring ihm zu Hilfe zehntausend Mann
In so guten Harnischen, wie sie kein König gewann.“
Da sprach wohl gezogen der Herzog Nitiger:
„Nun weiß es Gott vom Himmel, ich hab anders niemand mehr,
Ich ließ bei dem Kaiser wohl zweitausend Mann;
Doch helf ich ihm alleine so gut ich immer nur kann.“
Da sprach von Kerlingen Walther der Held erkoren:
„Helf ich ihm, so hab ich des Kaisers Huld verloren.“
„Der bricht nicht die Treue, der bei dem Freunde steht,“
Sprach Hildebrand der alte, „wenns in die Not mit ihm geht.“
Er sprach: „Ich hab ihm Treue niemals zugeschworen:
Hätt ich die Huld des Kaisers auch damit verloren,
Ich denk ihm doch zu bringen zehntausend Mann,
Die treulich sollen dienen dem edeln Fürsten lobesam.“
„Das tu ich gleich zur Stunde,“ sprach da Hildebrand,
„Herrn Dieterich zu Liebe, der mich hat ausgesandt.
Das Land ist mir wilde,“ sprach Hildebrand der Degen,
„Unter Helm und Schilde will ich jedoch euer pflegen.
Wir sind den Feinden nahe: Die Sorge rät uns an,
Es soll im Harnisch bleiben jeder Biedermann.
Hier nahe liegen Diener des Kaisers Ermenrich:
Wir mögen sie nicht meiden: Wir müssen streiten sicherlich.
Ich weiß sie solches Mutes, man erlässt uns nicht den Streit:
Wohlauf, ihr Wiegande, seid wacker und bereit.
Wir hauen uns die Straße, ihr Ritter unverzagt:
Hier wird um Alpharten mancher in den Tod gejagt.“
Da sprach der Herzog Nitiger: „Lieber Oheim mein,
Ich will um deinetwillen in Helm und Harnisch sein
Und will dir auch der Schildwacht gerne helfen pflegen.“
„Des lohn dir Gott vom Himmel,“ sprach da Hildebrand der Degen.
Da sprach von Kerlingen Walther der Degen:
„Ich und Ilsan wollen auch der Schildwacht pflegen.“
„Das will auch ich,“ sprach Eckhart, der edle Degen stark.
„So will ich mit euch reiten,“ sprach da Hug von Dänemark.
„Nun merket wohl, sprach Hildebrand,“ der Degen hoch geborn:
„Sobald ihr erschallen hört mein kleines Horn,
So kommt uns zu helfen, ihr Degen ausersehn:
Ihr hört an dem Schalle, dass uns die Feinde bestehn.“
Sie ritten alle fünfe über die Felder weit;
Vor Mitternacht kam Hildebrand schon in einen Streit.
Bei des Mondes Schimmer, den man schön entglommen sah,
Waren auch die Feinde auf die Wart gekommen da.
„Nun sind uns fremde Gäste geritten in das Land,“
Sprach der getreue, feste Meister Hildebrand.
„Doch wehrt mir die Finsternis,“ sprach der kühne Mann,
„Dass ich sie an Schilden und Wappen nicht erkennen kann.
„Hier harret mein derweilen,“ sprach der kühne Degen:
„Ich will zu ihnen reiten, ich bin wohl so verwegen.“
Fern von den Gesellen ritt der alte Mann;
Da sah man zwei der Feinde zu ihm kommen auf den Plan.
Entgegen ritt den beiden der Degen sturmbereit:
Das tat der alte Greise kraft seiner Degenheit.
Da fragte sie um Märe der alte Hildebrand,
Woher des Lands sie wären, und wer sie hätt ausgesandt?
Da sprachen diese Zweene gar vermessentlich:
„Uns hat ausgesendet der Kaiser Ermenrich,
Das wisset, werter Degen; wir ritten her von fern,
Dass wir die von Breisach nicht lassen sollen gen Bern.
Darum hat uns gesendet der edle Kaiser reich.
Steg und Straßen sperren wir ihnen durch das Reich
Zu Leide dem von Berne, dem Fürsten unverzagt.
Dem Kaiser helfen wir gerne, das sei euch, Degen, gesagt.“
Man frug auch, wer er wäre? Antwort gab Hildebrand:
„Ich bin im Sold des Kaisers, der hat mich ausgesandt.
Sein Gut hab ich empfangen, das lichte Gold so rot:
Wenn er mir gebietet, so muss ich reiten in die Not.“
Also sprach mit Listen der alte Hildebrand;
Damit wollt er sich fristen: „Nun hat mich ausgesandt
Von Rom der reiche Kaiser hieher auf diesen Plan,
Wenn einer mir entgegen ritt‘ aus Dietrichens Bann,
Mit dem so sollt ich streiten,“ sprach der kühne Degen.
„Ich muss zu allen Zeiten hier der Schildwacht pflegen,“
Also sprach mit Listen der alte Hildebrand,
„Da mich der reiche Kaiser von fern dazu hat hergesandt.“
Da sprachen sie: „Der Kaiser hat euch nicht ausgesandt,
Ihr seid es, von Berne der alte Hildebrand,
Den der Hilfe wegen der Berner hat gesandt:
Nun wehrt euch als ein Degen: Ihr habt den Tod an der Hand.“
„Wenn denn mit mir zu streiten euer Herz begehrt,“
Sprach Hildebrand der alte, „so wird euch Streit gewährt.
Lasst uns den Sold hier teilen auf der Heide breit;
Es geh nach Gottes Heile, alsbald beginne der Streit.
Seid ihr also Diener des Kaisers Ermenrich,
So frag ich euch um Märe: Was Herrn Dieterich
Ermenrich des Kaisers Huld doch hat benommen?“
Zu großem Zorne waren die beiden Recken gekommen.
„Nun wehrt euch als ein Degen, wir haben übeln Mut;
Ihr mögt uns nicht entgehen, euer Leib und Gut,
Das ist unser eigen, Ross und Gewand.“
„Erst will ich euch erzeigen,“ sprach der alte Hildebrand,
Meine rasche Tugend,“ sprach er mit guten Sitten;
„Kommen meine Freunde, müsst ihr um Frieden bitten.“
Anrannten sie in beide mit kraftvoller Hand;
Es mochte sie gereuen, so wehrte sich Hildebrand.
Der kühne Ritter sinnig eine scharfe Waffe trug,
Die war geheißen Brinnig, damit er Wunden schlug
Durch die lichten Ringe; man hört‘ im Walde weit
Seien Waffe laut erklingen: Gar gefährlich ward der Streit.
Da schlugen diese beiden auf den alten Mann,
Davon begann zu tosen der Bergwald und der Tann.
Die Schläge hörte schallen Stutfuchs der Degen:
Eh der den seinen beisprang, da ging es ihnen ans Leben.
Als Stutfuchs vom Rheine die beiden sah verlorn,
Da blies er nach der Hilfe laut ein kleines Horn.
Das vernahm sein Bruder Gere; der lag dort mit der Schar:
Sechstausend kühne Helden sandt er ihm zu Hilfe dar.
Als die Speere brachen, mit Schwertern ward gestritten;
Stutfuchs vom Rheine kam schnell heran geritten
Mit sechstausend Mannen auf den weiten Plan:
Hildebrand der alte nie in größre Sorgen kam.
„Wenn ich nun fliehe,“ sprach der Held erkoren,
„Kehr ich dann hinwieder, so bin ich gar verloren.
Die sechstausend Mannen sind mir einem gar zu viel,“
Sprach Hildebrand der alte; „doch bin ichs, der es wagen will.“
Das Ross geschwinde wandt er, der alte Hildebrand,
Auf die Feinde rannt er mit tugendreicher Hand
Ihre Helme zu erschällen; da hieb er Wunden weit.
Das erhörten die Gesellen: Da erhub sich erst ein Streit!
Da kamen diese Viere zu ihm heran gerannt
Mit flatterndem Paniere; der alte Hildebrand
Hätte von den Feinden sein Ende da genommen,
Wären ihm die Viere nicht gleich zu Hilfe gekommen.
Ihre Schar war kleine, doch ihre Tugend stark.
Da tat im Streit das Beste Hug von Dänemark;
Von Kerlingen Walther und der Mönch Ilsan
Kamen jenseits wieder hervor aus der Feinde Bann.
„Nun haltet euch zusammen,“ sprach da Eckhart,
„Und lasst die Schwerter flammen, so gereuet sie der Fahrt.“
Da schlugen so und stachen die Fünfe wohlgemut,
Dass sie das Heer durchbrachen und ließen fließen das Blut.
Als die Fünf von Feinden sich sahen überladen,
Sie sorgten, die Sechstausend brächten sie zu Schaden.
Da sprach der alte weise Meister Hildebrand:
„Die unsern sind zu ferne, uns fasst der Tod an der Hand.“
Da sprach Eckhart der Degen: „Es dünkt mich wohl getan,
Wir lassen hier die Viere sich wehren was man kann
Und senden jetzt den Fünften zurück aus dem Streit,
Dass auch uns zu Hilfe kommen unsre Degen kampfbereit.“
Da sprach Hilbrand der alte: „Der Bote will ich sein.“
Viel Helden sein entgalten, seine Kraft war nicht klein,
So hieb er aus dem Sturme ferne sich hindann:
Dort hielt auf einer Ecke Hildebrand der kühne Mann.
Als aus dem Sturm gekommen war der alte Hildebrand,
Den hohen Helm vom Haupte der Degen niederband,
Er griff nach seinem Hörnlein und setzt‘ es an den Mund:
Dass er Hilfe brauchte, das tat er kräftiglich kund.
Er ließ das Horn erschallen, der wunderkühne Mann:
Da ward den Helden allen kund in seinem Bann,
Dass er von den Feinden hätte Not erlitten,
Mit sechstausend Mannen die lange Nacht durch gestritten.
Da sprach wohl gezogen der Herzog Nitiger:
„Wohlauf, ihm zugezogen, und säumen wir nicht mehr!
Da uns die lieben Freunde die Feinde dort bestehn,
Lasst uns ihnen helfen: Das muss geschwinde geschehn.
Wenn Hildebrand der alte zu Tode würd erschlagen,
Wer wollte solche Märe zu Bern den Recken sagen?“
Sie liefen zu den Rossen und waren bald bereit,
Des andern harrte keiner, sie rannten alle zum Streit.
Ein grünes Banner führte Nitiger in der Hand,
Das sah mit großen Freuden der alte Hildebrand:
Als er die treue Hilfe so fröhlich kommen sah,
Schnell ritt er zu den vieren; nun vernehmt, wie sprach er da:
„Uns bringt getreue Hilfe der Herzog Nitiger.“
Die Speere nieder senkte jedwedes Heer,
Die Schäfte laut erkrachten an manches Helden Hand:
Sie trafen so zusammen, als bräche nieder eine Wand.
Als sie zusammen kamen geritten auf das Wall,
Da hub sich von den Recken ein ungefüger Schall,
Sie hieben aus den Ringen das fließende Blut,
Es erlag vor ihren Händen mancher kühne Ritter gut.
Da gab der Herzog Nitiger das Banner aus der Hand
Und griff zu seiner Seite, wo er ein Waffen fand.
Das Schwert, das er da zuckte, das war lang und breit:
Stutfuchsens Mannen schuf er da sorgliches Leid.
Da focht so vermessen der alte Hildebrand
Wie vom Zorn besessen; er führt‘ an seiner Hand
Ein Schwert mit breiter Klinge, mit dem er kühnlich stritt,
Das zu beiden Seiten aufs allergrimmigste schnitt.
Wen er mocht erlangen, den ließ er nicht gedeihn,
Hildebrand der alte, wie mocht er kühner sein?
Er hieb aus den Ringen das fließende Blut,
Er focht mit solchem Grimme, wie es kein Alter mehr tut.
Da stritt von Kerlingen Walther der Degen,
Er ließ sein Schwert erklingen und focht so verwegen
In dem starken Sturme sonder allen Wank,
Mit Leib und mit Gute sagte man ihm bald den Dank.
Den gab der Vogt von Berne dem kühnen Weigand.
Von Kerlingen Walther führt‘ an der Hand
Ein Schwert, das in dem Sturme wie eine Glocke scholl;
Walthers Kraft und Kühnheit waren beide groß und voll.
Hug vom Dänenlande, ein auserwählter Degen,
Manchen starken Ritter sah man ihn niederlegen.
Er wollte Helme hauen und manches Schildes Rand,
Da ihn die schönen Frauen von Breisach hatten gesandt.
Eckhart der kühne, ein starker Weigand,
Wunderbar geschwinde kam er einher gerannt.
So brach er durch die Scharen, das will ich euch sagen:
Stutfuchsens Bruder hatt er das Haupt abgeschlagen;
Er war geheißen Gere, ein Degen auserkannt.
Stutfuchs vom Rheine kam schnell auf ihn gerannt
Mit sechstausend Mannen auf dem weiten Plan.
Eckhart der kühne nie größre Sorge gewann.
Da schlug er Eckharten auf seinen Hut von Stahl,
Dass man das Blut sah fließen von dem Helm zutal:
Auf der Heide grüne fiel er in das Gras.
Eckhart der kühne kaum von dem Streiche genas.
Da drang der Herzog Nitiger durch die Scharen allzuhand,
Eine blutfarbne Waffe führt‘ er in der Hand;
Er brach die lichten Helme und manchen neuen Schild.
So zahlt er in dem Sturme manchen kühnen Helden mild.
Eines Biedermanns genießen oft tausend Mann,
Ein Heer macht einer zaghaft, der es nicht leiten kann.
So war der Herzog Nitiger ein auserwählter Degen:
Er sprang zu seinen Freunden und half ihnen Streites pflegen.
Eckhart der kühne aus dem Gras ersprang,
Sein gutes Schwert ihm lauter an der Hand erklang.
Es war geheißen Gleste und außermaßen stark.
Da taten auch das Beste Walther und Hug von Dänemark.
Hildebrand der alte und der Mönch Ilsan
Kamen gewaltig durch der Feinde Bann
Und jenseits aus gedrungen, das will ich euch sagen:
Der Alten und der Jungen sah man sie viel zu Tode schlagen.
Stutfuchs vom Rheine dem harten Sturm entrann,
Er floh nach dem Gebirge nur mit zwölf Mann:
Über das Gefilde stoben sie mit Zagen
Unter Helm und Schilde, dem Kaiser diese Not zu klagen.
Ihnen folgten die von Breisach wohl eine Meile weit;
Dann kehrten sie zurücke; zergangen war der Streit.
Als sie zusammen waren in dem Sturm gekommen,
Da hatten die von Breisach einen schönen Raub genommen
Und mit dem Schwert erfochten in tugendlichem Mut.
Stutfuchs vom Rheine besaß viel reiches Gut,
Er hatte hin geführet Gold, Silber und Gewand:
Das ließ auf Säumer laden von Bern Meister Hildebrand.