Wie Kaiser Ermenrich keinen finden konnte, der auf die Warte ritt
Da sprang er von dem Rosse, und nahm den Speer zur Hand,
Saß wieder auf und stapfte wohl über Gras und Sand
Einer Lind entgegen: Der Degen unverzagt,
Alphart der junge, kam um den Schatten hin gejagt.
Als Alphart der junge unter die Linde kam,
Den Rauch sah er fliegen über den weiten Plan.
„Wollte Gott, ich hätte nur tausend Degen hier,
Streits nicht erlassen würde der reiche Kaiser von mir.
„Ja hätt ich nur Wolfharten, den lieben Bruder mein,
Und auch den Vogt von Berne, des sollt ihr sicher sein,
Dazu den alten Meister, meinem Oheim Hildebrand,
Und sie hätten mein Gemüte, dem Feind verböt ich das Land.“
Er entblößte sich des Helmes, wie ein müder Ritter tut,
Und kühlte sich im Winde, der Degen hochgemut.
Da kamen unterdessen die achte heimgerannt:
Sie sprangen mit den Wunden vor den Kaiser auf den Sand.
Mit ihren tiefen Wunden kamen sie gerannt,
Vor des Gezeltes Schnüren sprangen sie aufs Land.
Ihnen war Schild und Helme von dem Blute nass.
Sie gingen zu dem Zelte, wo der reiche Kaiser saß.
Als sie der reiche Kaiser kommen sah von fern,
Aus trauriglichem Mute begann er zu den Herrn:
„Willkommen hier, ihr Recken; wo sind der Helden mehr,
Die mit zur Warte ritten? Eure Wunden schmerzen mich sehr.
Wo ist der Herzog Wolfing und seine achtzig Mann?“
Sie sprachen: „Tot, Herr Kaiser, er und sein ganzer Bann.
Die Red ist nicht erlogen, edler Kaiser hehr,
Wir sahen es mit Augen, fragt nach ihnen nimmermehr.
Unser waren achtzig, acht sind herwieder kommen;
All die andern haben ihr Ende dort genommen.
Sie liegen auf der Heiden all zu Tod erschlagen.“
Da begonnen diese Recken den Herzog Wolfing zu klagen.
Da sprach der reiche Kaiser: „Nun sage, Biedermann,
Wie viel der Recken waren, die euch schlugen auf dem Plan?“
„Die sind geschwind zu zählen: Es war ein einzger Degen:
Einen nach dem andern sah man im Streit ihn niederlegen.“
Der Kaiser sprach: „Nun tue so wohl und sag mir an:
Wer war derselbe Recke, der solchen Sieg gewann?
Was führt‘ er im Schilde, kannst du mir das sagen?
Damit ich ihn erkenne, wenn ich ihn seh das Wappen tragen.
Oder hast du Kunde,“ sprach Herr Ermenrich,
„Vielleicht, dass es gewesen mein Neffe Dieterich,
Oder seiner Diener einer? Das sage, Freund, mir an.“
Da sprach derselbe Recke: „Herr, das wird euch kund getan.
Er ritt auf dem Gefilde, der Degen unverzagt;
Er ist uns unterm Schilde lange nachgejagt,
Der den guten Helden die Wunden hat geschnitten:
Ich weiß ihn so gemutet, er kommt alsbald hieher geritten.“
Die sich bereitet hatten zu streiten auf dem Feld,
Die rückten da zusammen zu Hütten und Gezelt,
Als sie die starke Märe von dem Helden hörten sagen:
Sie eilten vor den Kaiser und gebahrten wie die Zagen.
Als Alphart die Scharen zusammen rücken sah,
Da hub er an zu lachen; wohl sprach der Degen da:
„Reicher Gott vom Himmel, wohin ist doch so jach
Den Dienern des Kaisers: Ich denk, ich jag ihnen nach.“
Er nahm das Ross beim Zaume und wollte schon voran:
Da gedacht in seinem Mute der Ritter wohlgetan:
„Wenn ich zu ihnen reite, und würd ich dann erschlagen,
Man spräch, es wär ein Übermut und niemand dürfte mich klagen.“
Unter der grünen Linde hielt er und sah zu Tal.
Da sprach der reiche Kaiser: „Lasst bleiben solchen Schall.
Noch sage, welche Wappen trug derselbe Mann?“
„Herr, ich will euch sagen, so viel ich vermelden kann.
Von dem eure Recken erschlagen sind zu Tod,
Er führt‘ im weißen Schilde einen Leun von Golde rot,
Darauf die goldne Krone: So sah ich ihn fahren:
Kein ander Wappen Dietrichs konnt ich ja an ihm gewahren.
Den ich gar wohl erkenne, den lichten Hildegrein,
Der gab da zu Felde keinen lichten Schein:
Von dem Vogt von Berne sind wir gewesen frei;
Doch machte sich so furchtbar der Held, als wären seiner drei.
Er ist ein Gast im Lande, das mag ich wohl gestehn,
Denselben Helden hab ich nie zuvor gesehn,
Von dem wir auf der Heide den Schaden heut genommen:
Er ist dem Vogt von Berne von fern zu Hilfe gekommen.
Ihm mag der Vogt von Berne seinen Sold wohl geben,
Er kann die Helme hauen den Helden durch ihr Leben.“
Da hub von den Verwundeten, der achte einer an:
„Bei allen meinen Jahren sah ich nie stärkern Mann.
Ich setz euch meine Treue zu Pfand und all mein Gut,
Er führt in seiner Rechten ein Schwert, das schneidet gut;
Er selbst hat große Stärke, der wunderkühne Held:
Mit seiner Kraft alleine bezwäng er die halbe Welt.“
Als er die Rede hörte, das war dem Kaiser leid.
Er sprach: „Weh meiner Ehre! Meine Schande wird so breit;
Kommt er zu meinen Recken, er verderbt mir all das Heer;
Dieweil er lebt, ich rücke fürwahr gen Bern nimmermehr.“
Da saß in den Zelten macher Degen wohlgetan,
Da man die Märe hörte von dem kühnen Mann.
Da saß mit großen Ehren der Herzog Reinold
Und Randold sein Bruder; denen gab der Kaiser Sold.
Dazu der alte Sewalt, gar ein starker Mann,
Bertram der Herzog und der Herzog von Tuskan,
Wittich und Heime, die beiden starken Degen;
Man sah den reichen Kaiser in einem trauriglichen Leben.
Da ließ der Kaiser bringen sein Silber und sein Gold:
„Wer will die Warte suchen, der nehme reichen Sold,
Gold und Edelsteine, was auf dem Schild mag liegen.“
Die kühnen Weigande alle gar stille schwiegen.
Was man der edeln Steine vor die Herren trug,
Sie sprachen einhellig: „Wir haben selbst genug.
Was sollten wir denn wagen unser Leib und Leben?
Das Gold, die Edelsteine mögt ihr den fremden Recken geben.“