Wie Alphart und Wolfing auf der Warte zusammen kamen
Die Auserwählten beide sprachen weiter nicht. –
Alphart stand auf der Heide, sein Ross im Klee so dicht.
Er gürtete von neuem dem Ross zu raschem Lauf;
Es mocht ihn wohl erfreuen: Wie ritterlich saß er auf!
Da ritt er unbezwungen wohl eine Meile weit,
Bevor der junge Ritter kam zu neuem Streit.
Achtzig kühne Helden ihm entgegen ritten
Unter grünem Banner, das war mit Golde durchschnitten.
Eine reiche Fahne sah er, die trugen sie voran
Wolfing dem Herzog mit mehr als achtzig Mann.
Da stapft‘ er hin und fragte, der junge Held Alphart,
Wer des Heeres Meister wäre oder Hauptmann auf der Wart?
Wolfing der Herzog sprach vermessentlich:
„Uns hat ausgesendet der Kaiser Ermenrich,
Dass wir zu Schaden bringen den edeln Vogt von Bern.“
Die Märe hörte Alphart von seinem Herren nicht gern.
Da sprach wohl gezogen Alphart der junge Mann:
„Nun weiß ich nicht, was hat euch mein Herr zu Leid getan?
Eures Geschlechtes ist er, auserwählter Degen:
In seinem Dienste solltet ihr verwagen Leib und Leben.“
Da sprach der Herzog Wolfing: „Herr, sagt mir, wer ihr seid,
Dass ihr alleine reitet hier auf der Heide breit,
Und fragt, warum dem Kaiser dienen will sein Bann:
Das möcht ich gern erfahren, würd es mir kund von euch getan.“
Alphart gab zur Antwort, er hatte Mannessinn:
„So sollt ihr wissen, Herre, dass euer Feind ich bin,
Darnach der Recken alle, die dem Herren mein
Zu Schaden wollen reiten; ihr Feind will ich immer sein.“
Da gab der Herzog Wolfing ihm Antwort unverwandt;
„Ich habe von dem Kaiser Burgen, Gut und Land;
Seinen Sold hab ich empfangen, das lichte Gold so rot:
Wenn er mir gebietet, so muss ich reiten in die Not.“
„So reitet aus dem Fähnlein, wenn ihr ein Degen seid,
Her aus dem Gesinde auf die Heide breit.“
Da nahmen sie zwei Speere, die Degen unverzagt:
Da ward von ihnen beiden eine schnelle Tjost gejagt.
Zu Felde waren beide in ihrem Zorn gekommen.
Ein schädliches Reiten ward da bald vernommen:
Alphart der junge stach dem Herzog hehr
Zwischen den Brüsten vorne durch den Leib den scharfen Speer,
Dass ihm die Sinne schwanden, das Leben gar entwich;
Vorn drang hinein und hinten brach hervor der Stich.
Den Sattel musst er räumen, herab aufs grüne Gras,
Dass er in kurzer Weile tot da lag und leichenblass.
Als die andern sahen, ihr Herr liege tot,
Sie eilten ihm zu helfen, ihnen schuf es große Not.
Ihn bestunden auf der Heide minder einen achtzig Degen.
Alphart der junge wagte da sein wertes Leben.
Einer sprang vom Rosse mit Namen Siegewein.
Er sprach: „Ihr müsst entgelten den lieben Herren mein,
Der von euern Schulden hier ist erlegen tot:
Nun wehrt euch als ein Degen, das tut euch sicherlich Not.“
Da sprach wohl gezogen Alphart der junge Mann:
„Will mir Gott nun helfen, euer tausend mögen nahn.
Wollt ihr an mir,“ sprach weiter der Degen auserkorn,
„Wolfingens Ende rächen und euern eigenen Zorn,
Wollt ihr sanft nun kühlen euer Herzeleid,
Ihr mögt euch vor mir hüten, euch allen biet ich Streit.
Ihr sollt euch weislich schirmen vor meinen schnellen Schlägen:
Berühr ich euch am Herzen, ich will euch zu dem Herren legen.“
Alphart sprang vom Rosse und ließ es von sich gehn:
Er dacht in seinem Mute, er müss auch den bestehn.
Siegewein der starke begann zuerst den Streit;
Alphart der junge schlug ihm der tiefen Wunden weit
Mit seinem guten Schwerte genug, dass er da blieb:
„Das habe für den Herren, er war dir ja so lieb.
Du hast den Sold empfangen so viel ich leisten mag:
Es ist um dich ergangen, dir naht alsbald der jüngste Tag.“
Da sprang vom Rosse Herbart, er war ein starker Mann:
„Und wärst du gleich der Teufel, ich rennte doch dich an.“
Sie liefen zueinander auf der Heide breit:
Zwischen zwei Weiganden hub sich ein ungefüger Streit.
Sie waren alle beide zum Streite stark genug.
Alphart der Degen ihm tiefe Wunden schlug,
Dass er musste fallen und lag zur Stelle tot:
Alphart der junge war ein Held zu aller Not.
Als Alphart sah die Helden ihm alle drei erlegen,
„Nun gilt es erst zu streiten!“, sprach der kühne Degen.
„Nur weiter von den Rossen her zu mir auf das Land!
Wem Gott des Heiles gönnet, der hat den Sieg an der Hand.“
Da sprangen von den Rossen siebenundsiebzig Mann,
Die bestunden Alpharten auf dem weiten Plan;
Sie wollten auf ihn schlagen mit Schwertern allzumal:
Da sprach ein alter Ritter: „Das würd uns schänden überall:
Besteh ihn jeder einzeln, so ists dem Recht genehm;
Es wär ein großes Wunder, wenn er von hinnen käm.“
Ein Wölfinge war es, der diesen Rat getan;
Wenn Alphart einen tötete, gleich lief ein andrer ihn an.
Man umgab ihn auf der Heide, damit er nicht entwich‘:
Er musste ganz alleine den Feinden halten Stich
Mit seinem guten Schwerte, das in der Hand ihm klang,
Dass durch die lichten Helme das Blut in die Höhe sprang.
Da sprach von ihnen einer: „Wir sind nicht wohl gefahren:
Wär ich daheim zu Raben, ich wollte mich wohl sparen,
Dass ich nimmer käme gen Bern in das Land:
Kein Ritter, nein ein Teufel ist auf die Warte gesandt.“
Da stand auf der Heide Alphart der junge Mann:
Niemand hatt Erbarmen mit dem Ritter lobesam;
Er hatte ganz alleine des Streits sich angenommen,
Auch wär er wohl mit Ehren noch von der Warte gekommen.
So manchen fällte nieder der junge Alphart,
Der von seinem Schwerte des Lebens ohne ward.
Er hieb durch die Ringe das fließende Blut
Und focht mit solchem Grimme wie es kein Jüngling mehr tut.
Es war ihr Todesurteil und ihre jüngste Zeit;
Weil sie ihn noch nicht kannten, suchten sie an ihm Streit:
Das büßten sie mit Schmerzen durch seine starke Hand.
Viel lichter Ringe fielen von ihren Brüsten in den Sand.
Zur Erde mussten fallen allein von seiner Hand
Des Kaisers Diener alle, die er auf der Warte fand.
Wolfing der Herzog, dazu wohl achtzig Mann,
Die wurden all bezwungen von dem Degen lobesam.
Der achtzig bleiben leben nicht mehr denn acht Mann:
Die liefen zu den Rossen und ritten bald hindann.
Man sah sie durchs Gefilde fliehen so verzagt;
Unter grünem Banner kam ihnen Alphart nachgejagt.
Er jagte sie nicht ferner als Not ihm war zur Zeit.
Er hielt an einem Saume, der Ritter kampfbereit.
Er hatte sehr gestritten, dem Helden war so heiß,
Dass ihm auf grüner Heide durch die Ringe drang der Schweiß.
Der Klee war begossen, mit heißem Blute nass.
Sie hattens nicht genossen, dass sie in ihrem Hass
Bestanden auf der Heide den kindischen Mann;
Alphart der junge den Sieg gar löblich gewann.
Sie fanden all ihr Urteil und ihre jüngste Zeit.
Da lagen sie im Blute auf der Heide breit.
Man sagt uns, es wäre der allerkühnste Mann,
Alphart der junge, der je das Leben gewann
Oder je geboren ward von Mutterleib.
Alpharten hatt erzogen das allerschönste Weib;
Auch pflag sein wohl mit Ehren Meister Hildebrand:
Er war getreu und bieder, der allerkühnste Weigand.
Er war ein Leu an Mute; an ihm war nicht betrogen
Die Herzogin Frau Ute, die ihn hat erzogen
Wohl von Kindesbeinen: Wie tugendlich er stritt!
Bis Wittich der Degen ihm auf der Wart entgegen ritt
Und sein Geselle Heime: Die nahmen sein übel wahr;
Der Teufel aus der Hölle führte sie beide dar:
Sie schlugen ohne Treue mit wehrhafter Hand
Herrn Dieterich zu Leide den allerkühnsten Weigand.