Wie Meister Hildebrand Alpharten nachritt
Da sprach Hilbrand der alte: „Herr Neff, ihr seid ein Kind
Und scheint nicht recht zu wissen wer dort die Recken sind:
Es hat von Rom der Kaiser seinen Sold gegeben
In der Welt den Besten, die jetzt auf Erden nur leben.“
„Darum sollt ihr nicht sorgen,“ sprach da Alphart,
„Ich will desto lieber von hinnen auf die Fahrt.“
Die Antwort gab der Kühne dem alten Hildebrand;
Er hießt sich balde bringen sein Ross, sein Eisengewand.
Als die andern sahen des kühnen Recken Mut,
Da begonnte sehr zu trauern mancher Ritter gut.
Sie nahmen bei den Händen Alphart den jungen Mann
Und führten ihn vor Uten, die Herzogin lobesam.
Da sagten sie der Frauen was er hätt im Sinn:
Da begonnte sehr zu trauern die gute Herzogin.
Sie sprach: „Lieber Alphart, wem lässt du mich, mein Sohn?
Ich habe dich erzogen, wo find ich nun meinen Lohn?“
Vermessen gab ihr Antwort Alphart der junge Degen:
„Der reiche Christ vom Himmel soll euer aller pflegen.“
Da nicht mehr bleiben wollte Alphart der junge Mann,
Da wappnet‘ in den Harnisch ihn die Fraue wohlgetan.
Sie gab ihm einen Waffenrock, der war wohl gut genug;
Sie ließ ein Ross ihm bringen, das ihn gewappnet trug,
Reicht‘ ihm den Schild, zu Häupten den Helm ihm Ute band;
Da er nun reiten wollte, gab sie den Speer ihm in die Hand.
Mit eines Löwen Mute fuhr hin der junge Mann;
Die Herzogin Frau Ute hub da zu weinen an.
„Ihr Schönste aller Frauen, lasst euer Weinen sein:
Ich mag wohl Gott vertrauen, darnach der starken Tugend mein.“
Da kam eine Jungfrau mit Namen Amelgart:
„Du sollst daheim verbleiben, mein lieber Alphart,
Und sollst bei mir gewinnen ein freudenreiches Leben:
Gedenke, edler Degen; das ich zur Eh dir bin gegeben.
Mich führte her aus Schweden der alte Hildebrand
Aus meines Vaters Reichen, mit wehrlicher Hand.
Er gab mich dir zu Weibe: Wem lässt du die Braut?
Verlör ich dich, ich hätte dich besser nimmer geschaut.“
Vermessen gab ihr Antwort Alphart der junge Degen:
„Geruht es Gott, so will ich noch heut der Warte pflegen.
Ich tu es deinetwillen, du schöne Traute mein:
Dir gnade Gott vom Himmel, es mag nun anders nicht sein.“
Die edle Jungfrau ließ sich nieder auf ein Knie:
„Gnade, meine Bitte, Lieb, gewähre sie.
Doch willst du nicht verbleiben, so schick uns einen Mann,
Der uns die Märe sage, wenn die Feinde dir nahn.“
Da wollte nicht verbleiben Alphart der junge Degen,
Die Warte wollt er suchen, der kühne Held verwegen.
Dass er die Warte suchte, der Ritter unverzagt,
Und keiner Hilfe gehrte, das beweinte manche Magd.
Da küsst‘ er die Jungfrau; von dannen war ihm jach.
Die Arte wollt er suchen; ihren Segen schickt‘ ihm nach
Die Herzogin Frau Ute mit schneeweißer Hand.
Achtzig kühne Helden Alphart auf der Warte fand,
Die der reiche Kaiser hatt hinaus gesandt
Dietrichen zu Leide. Er kam ihnen unerkannt,
Da auf der Heide hielten die Ritter unverzagt.
Auch ward von ihnen allen an Alphart wenig Preis erjagt.
Wären nicht zwei Helden in dem Heer gewesen,
Vor achtzigtausend Mannen wär er wohl genesen.
Die schlugen ihn ohne Treue, das will ich euch sagen;
Es mochte sie gereuen; er hätte beide wohl erschlagen.
Das Schwert an seiner Seiten zum Ross der Degen ging.
Als ers beschritten hatte und Urlaub gern empfing‘,
Er sprach: „Wär es mit Willen des lieben Herren mein,
Die Warte wollt ich suchen nun nach allen Ehren sein.“
So war Alphart der junge zu Rosse nun gekommen,
Auch hatt er rings im Kreise schon Urlaub genommen.
Mit gutem Willen ritt er ferne vor die Stadt.
Da war manch schöne Fraue, die ihm Heil und Segen erbat.
Da gingen auf die Zinnen die Ritter unverzagt.
Als auf die Etschbrücke Herr Alphart kam gejagt,
Sie folgten ihm mit Augen; so willig ritt der Degen!
Sie baten Gott vom Himmel, dass er des Recken wolle pflegen.
Das Ross versuchen wollte Alphart der junge Degen,
Ob er darauf wohl wagen dürfe Leib und Leben.
Da sprang es mit dem Helden wohl acht Klafter weit:
„Die dich mir gab, der Guten bin ichs zu lohnen bereit.“
Das sah an der Zinnen von Bern der Weigand:
„Habt guten Mut da innen: Wir haben ausgesandt
Den allerkühnsten Recken, der jemals ritt zu Feld:
Sein hab ich keine Sorge, wer auch zum Kampf sich ihm stellt.“
Über die Heide stapfte Alphart allzuhand;
Wohl sprach da zu Berne sein Oheim Hildebrand:
„Nun langt mir ein Geschmeide, ein fremdes Sturmgewand:
Ich will den Jungen zwingen mit meiner kraftreichen Hand.
Ich will ihm in Treuen nachreiten auf den Plan:
Es müsst uns immer reuen, verlören wir den Mann.
Ist es, dass ich ihn finde, ich mach ihn Streites satt:
Von der grünen Heide muss er zurück in die Stadt.“
Bald sah man ihn gerüstet in ritterlichem Kleid,
Der Wappenrock mit Tieren von Golde wohl bestreut.
Das Ross ließ er verdecken, auf saß der Unverzagte:
Er wähnt‘ ihn zu erschrecken, dass er auf der Heide nach ihm jagte.
Durch das Gefilde stapfte Meister Hildebrand,
Bis er zuletzt alleine den milden Alphart fand.
Als ihn der gute Degen von ferne kommen ah:
„Da kommt des Kaisers Diener! Fürwahr, mir lieber nie geschah!
Mit dem so will ich streiten!“, sprach der junge Mann.
Da warf er ihm entgegen das Ross um auf dem Plan.
Der Alte sah den Jungen sich nahen also jach;
Nun mögt ihr gerne hören wie Meister Hildebrand sprach:
„Dass ich mit einem Kinde zum Kampf gekommen bin,
Wenn ich ihn überwinde, was bringt es mir Gewinn?
Wenn ich ihn aber schone,“ sprach der kühne Mann,
„So wird mir nichts zu Lohne, als dass ich Unsieg gewann.
Ich mag ihm nicht entweichen, ich muss ihn hier bestehn.“
Mit Sporenstreichen ließen sie die Rosse zusammen gehn.
Hildebrand der alte zerbrach den Speer zuhand:
Da sprangen von den Rossen beide nieder auf das Land.
Die Auserwählten beide sich unterm Schilde bogen,
Auf der grünen Heide zwei scharfe Schwerter zogen.
Sie schlugen aufeinander, die Degen wohlgemut,
Dass auf beider Helmen brannte lichten Feuers Glut.
Da sprach Alphart der Junge: „Sollt ich darum verzagen,
Eh ließ ich mich zu Tode sicherlich erschlagen.
Ich fliehe doch nicht gerne,“ sprach der junge Mann,
„Da ich für den von Berne bin gekommen auf den Plan.
„Ich hörte sagen Märe,“ sprach der Ritter gut,
„Wie große Schmach es wäre, wenn einer zaghaft tut.
Wehrt euch mit großen Streichen, ihr Degen ausersehn,
Ich will euch nicht entweichen, es muss hier ehrlich ergehn.“
Da gab Alphart der junge Hilbranden einen Schlag,
Dass er vor ihm darnieder auf grüner Heide lag.
Da musste sich ergeben der alte Mann zuhand:
„Du sollst mich lassen leben: Ich bin dein Oheim Hildebrand.“
„Wohl schlug ich den nicht gerne,“ sprach der junge Mann;
„Doch ließ ich ihn zu Berne: Wie käm er auf den Plan?
Wer hat dich so berichtet? Du bist damit betrogen:
Sollt ich den hier finden, das ist nicht wahr und ist gelogen.
Damit willst du dich fristen, trauter Geselle mein:
Was helfen dir die Listen? Es muss dein Ende sein
Der großen Unbill wegen,“ sprach der Ritter gut,
Die ihr unverschuldet dem edeln Vogt von Berne tut.“
„Nein, auf meine Treue!“, sprach Meister Hildebrand,
„Es muss dich immer reuen, erschlägt mich deine Hand.
Binde, junger Degen, mir den Helm vom Haupt
Und seih mir in die Augen, so wird mir sicher geglaubt.“
Alphart der junge den Helm ihm nieder band
Und sah ihm in die Augen: Da ward er ihm bekannt.
„Nun dünkt ihr mich nicht weise,“ sprach der junge Mann:
„Ihr hättet diese Reise heute besser nicht getan.
Da sprach der alte Hilbrand: „Ich meint es wahrlich gut.
Nun fahr mit mir gen Berne, Ritter hochgemut,
Von der grünen Heide, du auserwählter Degen.“
Da sprach Alphart der junge: „Ich will zuvor der Warte pflegen.“
„So gnade dir der Himmel,“ sprach da Hildebrand;
„Nun ist mir meiner Treue deine Mannheit wohlbekannt.
Das sag ich dort zu Berne dem Fürsten lobesam:
Er hört es nicht ungerne, dass ich den Unsieg gewann.“
Hildebrand der alte kam gen Bern gejagt,
Da sprang von seinem Rosse der Ritter unverzagt.
Als ihn der junge König kommen sah von fern,
Da sprach den Alten grüßend der edle Dietrich von Bern:
„Ihr bliebet außen lange, Meister Hildebrand:
Wo ist, den ihr gefangen bringet an der Hand?“
Wohl schmerzte zu dem Schaden der Spott den Alten sehr;
Er sprach jedoch mit Freude: „Herr, ich sag euch noch mehr.
Wir haben ausgesendet den allerkühnsten Mann,
Der zu unsern Zeiten je ein Ross gewann.
Ich traf auf der Heide den Degen ausersehn:
Ich sag euch, lieber Herre, ich vermocht ihn nicht zu bestehn.“
Da sprach der Vogt von Berne, der Degen auserkannt:
„Das hör ich nicht ungerne, wenn er euch überwand.
Dass euch der junge Degen zu der Erde schlug,
Es war, bei meiner Treue, von einem Kinde genug.“