Wie Alphart der Junge sich auf die Warte erbot
Zurück gekommen waren nun die beiden Degen,
Die dem starken Heime das Geleit gegeben.
Sie hatten auf dem Hügel, wie ich euch kund getan,
Ersehn bei Ermenrichen wohl an achtzigtausend Mann,
Die mit dem reichen Kaiser zu Felde waren kommen:
Herrn Dietrich von Berne war Freude viel benommen.
Er war ihr aller Herre, der Kaiser Ermenrich.
Da ging der Vogt von Berne vor seine Recken lobelich.
Er ging die Not zu klagen in einen weiten Saal:
(Da saßen junge Recken, man hörte lauten Schall.)
Da saß mit großen Ehren der alte Hildebrand
Und viel der werten Recken, die euch hier werden genannt.
Da saß der junge Hache, Bange und Rotwein,
Berchter der starke, und einer, hieß Volkwein,
Ritschart und Gerbart und der kühne Witzschach,
Helferich und Helmschrot, denen nie der Mut gebrach.
Da saß Eckhart und Humbrecht, Hartung und Helmnot,
Bottel und Haunolt, bereit zur Fahr und Not,
Branker und Wolfing, von Brisen Amelger,
Und Wolfhart der kühne; doch war der Recken noch mehr,
Die ich all mit Namen hier nicht benennen kann.
Die kühnen Wölfinge in Herrn Dietrichs Bann,
Es war ein weit Geschlechte: Da sie in dem Saal,
Die jungen Recken saßen, da vernahm man lauten Schall.
Da saß Friedrich der junge, Wikher und Wiknant,
Walderich der kühne, und einer, hieß Siegband.
Alphart und Siegstab, die beiden kühnen Degen,
Wolfbrand und Wolfhelm, zu allen Nöten verwegen.
Da saß Amlolt und Nere, die Degen lobesam,
Von Kerlingen Walther und Helmnot von Tuskan,
Die der Vogt der Amelungen zur Not sich hatt erkoren.
Da saßen beieinander viel der Recken hochgeboren.
In der Ecke saß da einer, der ohne Gesellen blieb,
Über die Beine legt‘ er ein Schwert, das war ihm lieb.
Er war geheißen Nudung, und war von Brüsten weit;
Wenn er begann zu zürnen, so gab er Hunderten Streit.
Er war aus deutschem Lande ein Herzog hoch geboren,
Alle falsche Rede hatt sein Herz verschworen.
Er war getreu und bieder, ein Degen auserkannt;
Ihm diente Schwanefelden und alles Nürnberger Land.
Der hoch gelobten Recken saßen da noch mehr,
Schildbrand und Wolfwein und der kühne Siegeher.
Der Vogt der Amelungen zu dem Saale ging,
Aufsprangen all die Recken, als man den Fürsten empfing.
Da sprach der Vogt von Berne: „Nun sitzt und höret an,
Dass ich die Not euch klage, die mein Herz gewann:
Dass mich will vertreiben mein Oheim Ermenrich.
Wüsst ich vor ihm zu bleiben!“, sprach von Bern Herr Dieterich.
„Der ungetreue Sibich hat solchen Rat gegeben
Meinem Oheim Ermenrich: Er riet mir an das Leben.
Wollte Gott vom Himmel, ich sollt ihn nur bestehn!
Da dürften falsche Räte nie mehr von Sibich geschehn.“
Sie schwiegen alle stille, keinen Laut vernahm man dort,
Es tröstete den Fürsten keiner mit einem Wort.
Als der Vogt von Berne vollsprach was er begann,
In herziglichem Leide sah einer den andern an.
Sie sprachen all imgleichen: „Herr, gehabt euch wohl,
Wir wollen euch nicht entweichen, wie man dem Herrn nicht soll.
Wir wollen für euch wagen unser Leib und Leben.“
Von seinen reichen Freunden ward ihm guter Trost gegeben.
Des freute sich von Herzen der edle Dieterich:
Er sprach: „Ich wüsste gerne, wes zeiht mich Ermenrich?
Ohne meine Verschulden verderbt er Leut und Land:
Wohlauf, bei Gott ermahn ich euch kühne Helden auserkannt.
„Ihr sollt daran gedenken,“ sprach der kühne Mann,
„Ob euch mein Vater Dietmar je Gutes hat getan.
Ihr strecktet ihm die Hände, habt ihm die Treu gegeben:
Daran sollt ihr gedenken, dieweil euch währen mag das Leben.
Der mir in diesen Röten sich getreu erwies,
Mit dem will ich teilen was mir mein Vater ließ.“
Da sprachen sie gemeinlich, die auserwählten Degen:
„Wir wollen bei euch wagen unser Leib und unser Leben.“
„Nun lohn euch Gott vom Himmel, und gebt mir euern Rat
In meinem großen Kummer, da die Gefahr uns naht:
Wie soll ich mich gebärden?“ Da sprach Alphart:
„Da sollt ihr gen ihn senden einen Recken auf die Wart.“
„Wen soll ich gen ihn senden?“, sprach Herr Dieterich.
„Das sollt ihr mich,“ sprach Alphart: „Ich bewähr es sicherlich,
Ich weiß wohl auszufinden alle Gelegenheit.“
Die Warte wollt er suchen: Das war den Wölfingen leid.
Da sprach der kühne Wolfhart: „Lieber Bruder mein,
Lass einen andern Recken heute Wartmann sein,
Aus den Wölfingen einen versuchten Degen:
Du bist ein Kind an Jahren, einen andern lass der Warte pflegen.“
Da gab mit Zorn ihm Antwort der junge Alphart:
„Du gönnst mir wenig Ehre, Bruder Wolfhart.
Ich soll daheim verbleiben wie eine arme Maid;
So hält man euch für Recken und achtet mein zu keiner Zeit.
„Ich will zur Warte reiten,“ sprach der kühne Mann,
„Wisse, dass mich niemand des erwenden kann.
Ich will mein Heil versuchen,“ sprach der kühne Held,
„Noch heute will ich sterben, oder Mannheit zeigen der Welt.“
Da sprach Alphart der junge: „Wozu hieß‘ ich ein Degen,
Was sollt ich auf der Erde, wagt‘ ich nicht Leib und Leben?
Ich mag wohl Gott vertrauen, dass nirgend lebt ein Mann,
Der einen wider einen mich im Streit bezwingen kann.“
Und weiter sprach der Kühne: „Ich hab es unternommen,
Da auf die Heide grüne die Feinde sind gekommen,
Des Kaisers Diener will ich bestehen auf dem Plan.
Ihr Kommen freut mich billig, da ich den Leib zu Lehn gewann.
„Sie mögen mich nicht schrecken,“ sprach Amlolts Kind, „fürwahr;
Heißet mir verdecken den Leuen und den Aar,
Dass mich niemand kenne,“ sprach er kampfbereit:
„Wenn ich den Feind anrenne, dass mein Preis werde breit.“
Herrn Dietrichens Wappen an dem Schild verdecket ward:
„Nun fürcht ich niemands Strafen,“ sprach da Alphart,
„Auf die Warte will ich reiten getrost und unverzagt;
Keinem wird mein Namen aus Furcht noch Liebe gesagt.“
Also sprach der Kühne: „Ihr Freunde, wisset das,
Ich steh noch unbezwungen und red es ohne Hass,
Komm ich auf die Warte, ich dringe bis aufs Ziel,
Niemand ist so tapfer, dem ich davon entweichen will.“
Da sprach der Vogt von Berne: „Viel lieber Alphart,
Ich lasse dich nicht gerne allein ziehn auf die Wart,
Da dir aller Recken Gebärden unkund sind;
Der Sinne wie der Jahre bist du leider noch ein Kind.
Wer in harten Stürmen zu lange fechten soll,“
Sprach der Vogt von Berne, wird ihm die Zahl zu voll,
Witz und gute Sinne wären ihm wohl Not:
Es verwundet leicht ein Alter den stärksten Jüngling auf den Tod.“
Da sprach Alphart der junge: „Herr Dietrich, hört mich an:
Soll einer nach dem andern mit mir zu kämpfen nahn,
Wie es seit alten Zeiten ist immer Recht gewesen,
In Stürmen und in Streiten getrau ich wohl zu genesen.
„Ich will die Warte suchen, so wahr ich bin ein Degen,
Wer mich daran verhindert, der kränkt mich allerwegen.“
Also sprach der Kühne: „Meine Stärk ich nie befrug;
Einem nach dem andern geb ich Tausenden Streits genug.“