Wie Kaiser Ermenrich den Herzog Wolfing auf die Warte schickte
Da dank‘ ihm für den Urlaub Heime der kühne Mann,
Er ging zu seinem Rosse, da er nun wollt hindann:
Darauf war bald gesessen der Ritter unverzagt;
Ihm war leid, dass er die Botschaft je dort dem Berner gesagt.
Da sprach der starke Heime: „Noch ist mir wohl geschehn,
Da ich gen Berne trabte die Feinde dort zu sehn:
Sie sind mir nicht so feindlich: Sie taten mirs zu Lieb,
Dass ich ungefangen von den Wölfingen verblieb.“
Über die Etschbrücke ritt Heim der kühne Mann.
Noch sprach da von Berne der Fürst lobesam:
„Du magst dich vor mir hüten, Heim, du kühner Held,
Denn so du mir begegnest, so gibt dein Leben Entgelt.“
Da sprach mit schlauen Listen der Degen wohlgestalt
(Sein Leben wollt er fristen) von einem Vorbehalt,
Mit dem er seine Treue brach an dem von Bern,
Und Wittich sein Geselle; Sibich riet es seinem Herrn.
Da sprach der starke Heime zu Herrn Dieterich:
„Ich schad euch nicht, noch Wittich, dass wisset sicherlich:
Wir haben es mit Worten auf unsern Eid genommen,
Wider Hildegreinen niemand zu Hilfe zu kommen.“
Da sprach der kühne Berner: „Hätt ich Glauben dran,
So verzieh ich dir schon gerner was du mir hast getan.“
„Glaubt mir,“ sprach da Heime, „ich bin euch hold gesinnt:
Ich will das Beste reden, dass der Zwist ein Ende gewinnt.“
Also sprach da Heime, da er Geleit erbat;
Amelolt und Nere wiesen ihn vor die Stadt.
Heime schied von dannen zu Kaiser Ermenrich.
Zu allen seinen Namen ging von Bern Herr Dieterich.
Dass Heime so von Berne bei seiner Botschaft schied,
In diesem deutschen Buche sagt es ein altes Lied.
Heim ritt durch das Gefilde nach einem weiten Plan:
Da fand er bei dem Kaiser liegen achtzigtausend Mann.
Dass Heime blieb so lange, verdross Herrn Ermenrich:
Gefangen, wähnt‘ er, hätt ihn sein Neffe Dieterich.
Mit tausend Mannen kam er entgegen ihm gejagt:
Da begegnet‘ auf der Heiden ihm der Degen unverzagt.
Als der starke Heime den Kaiser kommen sah,
Zu Amelolt und Nere nun hört wie sprach er da:
„Nun sollt ihr heimkehren, ihr stolzen Helden gut:
Dort kommt der reiche Kaiser, der trägt euch zornigen Mut.
Tät er euch was zu Leide,“ so sprach der Degen,
„So müsst ich bei euch wagen mein Leib und Leben.
Darum kehrt zurücke, ihr Helden lobesam;
Gott lohn euch aller Treue, die ihr habt an mir getan.“
Amelolt und Nere wohl an derselben Statt
Wandten sich zurücke, wie sie Heime bat,
Nach einem grünen Hügel, die unverzagten Degen,
Das Heer zu überschauen, das auf der Heide war gelegen.
Heimen fragte balde der Kaiser Ermenrich:
„Was entbietet mir der Berner, mein Neffe Dieterich?
Wie will er nun gebahren wider mich? Das lass dich fragen?“
Da sprach der starke Heime: „Ich wills, Herr Kaiser, euch sagen.
Ich habe dem von Berne von euch widersagt:
Ihr seit nah oder ferne, so ist er unverzagt.
Wir mögen leicht entgelten seiner tugendreichen Hand,
Da man den Fürsten selten wohl noch kleinmütig fand.“
„Darum will ich nicht sorgen,“ sprach Herr Ermenrich.
„Wer will die Warte suchen nun wider Dieterich?
Widers Reich will er sich setzen, das hab ich wohl vernommen.
An Ehren will ich letzten die da Sold von ihm genommen.“
So sprach von Lamparten der Kaiser Ermenrich:
„Wen send ich auf die Warte, ihr Recken lobelich?“
Die kühnen Weigande traten in einen Ring:
„Ich will die Warte suchen,“ sprach der Herzog Wolfing.
Da wählt‘ er aus dem Ringe zu sich achtzig Mann,
Die huben mit Wolfingen, dem Herzog, sich hindann.
Unter breiten Bannern, von Golde schön und klar,
Achtzig kühne Helden sollten reiten in der Schar.
Da sah man sich bereiten zur Wart des Kaisers Bann
Und ihre Fahne leiten über den weiten Plan.
Nun heben wir von Berne wieder an das gute Lied:
Nun mögt ihr hören gerne wie es uns selber beschied.
Da sprach der reiche Kaiser also hochfährtiglich:
„Heim, sage meinen Helden, was entbeut mir Dieterich?
Dass sie desto gerner mir helfen ihn vertreiben;
Es darf der kühne Berner nicht länger im Lande bleiben.
Er ist so übermütig, der auserwählte Degen,
Er muss das Land mir räumen, sonst geht es ihm ans Leben.“
„Herr, der Held von Berne zürnt euch also sehr,
Er hat von euch erlitten viel Leid und grimme Beschwer.
Ihm sei Gewalt geschehen, das klagt der kühne Degen,
Drum will er gen euch wagen den Leib und das Leben
Mit allen seinen Helden, der Degen hoch genannt,
Die ihm wollen retten helfen seine Burgen und sein Land.“
Da sprach der reiche Kaiser: „Ich schaff ihm grimme Not:
Meinen Schild soll er fürchten bis an seinen Tod,
Herr Dietrich von Berne und all die Helden sein,
Gern oder ungerne: Das wisst auf die Treue mein.“
Da widersprach Herr Heime dem reichen Kaiser hehr:
„Vertreibt ihr ihn der Lande, ihr verwindets nimmermehr.
Ob sie es alle rieten, die da auf Erden sind,
Ihr sollt dem Rat nicht folgen: Er ist eures Bruders Kind.
Wollt ihr vertreiben den edeln Dieterich,
So tut ihr unfreundlich, Herr Kaiser Ermenrich.
Von meinem ganzen Herzen ist er mir um ihn leid.“
Also sprach da Heime, dieser Degen kühn im Streit.
Da sprach der reiche Kaiser als ein erzürnter Mann:
„Was will der von Berne mit mir heben an?
Wähnt er mir Krieg zu bieten, der Degen ohne Gleich?
Er muss das Land mir räumen, mir dient das römische Reich.
Ich treib es mit ihm gerne, will ihn nicht lange flehn:
Er gebe mir denn Berne und empfahs von mir zu Lehn,
So muss der kühne Dieterich räumen mir das Land
Mit all den Wölfingen und dem alten Hildebrand.“
Da sprach der starke Heime: „Ich sag euch, Herr, vorher:
Eh macht euch der von Berne manchen Sattel leer.
Vertreibt ihr ihn des Landes, das ihm sein Vater ließ,
Ich nehm euch selbst zum Zeugen, unfreundlich tätet ihr dies.“
Da sprach der reiche Kaiser: „Die Red ist gar verloren;
Es muss der von Berne fürchten meinen Zorn.
Man sieht mich bald vor Berne mit achtzigtausend Mann,
Die ich mit reicher Gabe hergeführt hab auf den Plan.“